Vergiss die sanfte Kontemplation. Die Begegnung mit Tereza Vodáková ist ein seismisches Ereignis. Ihre Kunst ist keine Dekoration, sondern der schonungslose, unzensierte Guss einer Seele, die Dinge einfach zu stark empfindet. Wo andere zurückschrecken, taucht Vodáková in das glühende Chaos ihrer Emotionen ein und transformiert Wut, Liebe und existentielle Gedanken in flüssige, oft fluoreszierende Schockwellen auf Leinwand. Es ist ein farbgetränktes, tiefgreifendes Erdbeben, bei dem die Regeln der Malerei neu verhandelt werden. Wir sprechen mit der Künstlerin über die Notwendigkeit dieses Farbschocks als Therapie, die riskante Verarbeitung von überbordenden Gefühlen und das notwendige nächtliche Ritual hypnotischer Musik, um ihr vielschichtiges, explosives Werk überhaupt entschlüsseln zu können.
Die Explosion der Seele
Tereza Vodáková malt nicht, sie kanalisiert. Ihre Werke, die sich oft durch die unvorhersehbare Technik der Fluid Art auszeichnen, wirken wie galaktische Eruptionen, geschwärzte Herzen und glühende Kerne innerer Unruhe. Es sind Bilder, die sofort ins Auge springen, “very ‘in your face’, kid”, wie sie selbst sagt.
Wir wollten wissen, was diesen unzensierten Ausdruck auslöst. Was ist der Funke für die “explosive Energie”?
„Ich bin ein zutiefst emotionaler Mensch, der Dinge anscheinend etwas stärker empfindet als die meisten anderen. Ich verarbeite diese starken Gefühle, indem ich male. Dies kann Liebe, Obsession, existenzielle Gedanken, Aufregung durch Musik, Wut oder Depression sein. Ich male diese Bilder normalerweise, wenn sich viele Gefühle angesammelt haben, die sonst einfach platzen würden.“
Diese rohe Ehrlichkeit ist der Kern ihrer Kunst. Speziell ihre Serie “Explosion of Emotions and Seeing Sounds” überträgt diese akkumulierten, oft widersprüchlichen Zustände direkt auf die Leinwand. Was dabei herauskommt, ist eine faszinierende Verbindung aus chaotischer Schönheit und psychischer Notwendigkeit. Die Kunst ist hier nicht nur Ausdruck, sondern Überlebensventil.
Das Ritual des nächtlichen Blicks
In einer Kunstwelt, die oft nur flüchtige und schnelle Wahrnehmungen verlangt, fordert Vodáková von dir als Betrachter Zeit. Viel Zeit. Ihre Werke entfalten ihre ganze Tiefe erst in einem fast meditativen Zustand. Wir fragten sie, wie der ideale Moment aussieht, der “richtige Vibe”, um in ihre Bilder einzutauchen. Ihre Antwort war eine sanfte Provokation an unseren hektischen Alltag:
„Es wäre ein Moment, in dem genug Zeit vorhanden ist, keine Eile. Spät in der Nacht, mit einem Freund, hypnotische Musik spielt. Man schaut aus der Nähe und aus der Ferne, wechselt das Licht. …
… Je länger die Leute schauen, desto mehr sehen sie. Einfach genug Zeit, um sich zu verlieren und immer mehr Details zu entdecken, der Fantasie freien Lauf zu lassen.“
Es ist die Aufforderung, dich dem Bild aktiv hinzugeben und die Lichtverhältnisse zu wechseln, denn viele ihrer Arbeiten entfalten unter UV-Licht eine völlig neue, psychedelische Dimension. Es ist ein Aufruf zur Entschleunigung und zur gemeinsamen Entdeckung der tieferen Schichten.
Der nächste Lichtblick: Vom Abgrund zur Ambientbeleuchtung
Nachdem sie die Grenzen des Zwei-Dimensionalen mit ihrer Fluid Art bereits gesprengt und die rohen Emotionen auf die Leinwand gegossen hat, richtet Tereza Vodáková ihren Blick nun auf das Licht selbst. Es ist ein logischer, fast metaphysischer Schritt: vom Schock zur kontrollierten Stille.
„Ich bin wirklich besessen von Licht und Farbtheorie“, erklärt sie. Das nächste “explosive” Projekt soll die Leinwand verlassen und in den Raum expandieren. Es geht darum, die gewonnene emotionale Energie in etwas Verfügbares, in etwas Umgebendes zu verwandeln:
„Im Moment konzentriere ich mich darauf, Liquid Art mit klassischer Malerei und Spraying zu verbinden. Der nächste Schritt, den ich plane, ist die Kreation von Leuchtbildern auf lichtdurchlässigen Materialien. Weiches Umgebungslicht zu schaffen, das eine Geschichte in sich trägt, kann auch Kunst sein.“
Das Konzept der bemalten Leuchte ist der finale Transfer: Die Künstlerin nimmt die innere Eruption, die in ihren Bildern sichtbar wurde, und projiziert ihre Essenz als stimmungsvolles, allgegenwärtiges Licht in deinen Raum. Es ist nicht länger der Schrei, sondern das nachhallende Echo einer überwältigenden Erfahrung.
Tereza Vodáková zwingt uns, hinzusehen, unsere eigenen inneren Explosionen zu erkennen. Doch anstatt uns in den dunklen Abgründen allein zu lassen, bietet sie mit ihren neuen Lichtobjekten einen Weg an: die Transformation der Dunkelheit in tragfähiges Licht. Vielleicht ist die wahre Provokation nicht der Farbschock, sondern die leise Behauptung, dass selbst die tiefste psychische Intensität am Ende zu einer Quelle der stillen Schönheit werden kann, die uns im Alltag begleitet.
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